Videoüberwachung eines Grundstücks
Bei der Videoüberwachung auf einem privaten Grundstück ist darauf zu achten, dass weder der öffentliche Raum noch das angrenzende Nachbargrundstück oder der gemeinsame Zugang aufgezeichnet werden. Ausgenommen davon ist der Fall, dass im Einzelfall das Interesse an der Sicherung des Eigentums überwiegt, wodurch eine Erfassung dieser Bereiche erlaubt sein kann.
Kameratechnik: Ist Überwachungsdruck ausreichend?
Ein Nachbar hat das Recht, vom Eigentümer eines Mehrfamilienhauses die Unterlassung der Überwachung seines Grundstücks zu verlangen, wenn es zumindest theoretisch möglich ist, dass diese Überwachung auch sein Grundstück erfassen oder auf dieses ausgerichtet werden kann. Dies entschieden die Amtsrichter in Gelnhausen in einem konkreten Fall. Der Kläger konnte durch eine einstweilige Verfügung erreichen, dass die Kamera so justiert werden muss, dass sein Grundstück nicht mehr im Blickfeld der Überwachung liegt. Nach der geltenden Rechtsprechung ist es jedoch notwendig, dass für einen Unterlassungsanspruch auch ein sogenannter Überwachungsdruck erzeugt wird, urteilte das Gericht.
(AG Gelnhausen, Urteil v. 4.3.2024, 52 C 76/24)
Schutz des Eigentums versus Rechte des Einzelnen
Ein Anspruch auf die Entfernung einer Kamera kann gegeben sein, wenn eine Person ernsthaft befürchten muss, dass sie durch diese Kamera überwacht wird. Die bloße theoretische Möglichkeit reicht jedoch nicht aus, um eine Beeinträchtigung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu begründen, so das Amtsgericht in München. In dem betreffenden Fall erfasste die Kamera den Eingangsbereich des Nachbargrundstücks sowie einen schmalen Teil des Gehwegs. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Interesse des Nachbarn am Schutz seines Eigentums das Persönlichkeitsrecht der klagenden Partei überwiegt, insbesondere da der Überwachungsbereich zuvor vom Landesamt für Datenschutzaufsicht geprüft und als vertretbar eingestuft worden war. Es wurde auch berücksichtigt, dass bereits Sachbeschädigungen vorgekommen sind.
(AG München, Urteil v. 20.3.2015, 191 C 23903/14)
Das Amtsgericht Berlin-Spandau entschied zudem, dass, wenn Eigentümer eine Überwachungskamera vor ihrem Hauseingang anbringen, diese nicht das Nachbarhaus in den Überwachungsbereich einbeziehen darf.
(AG Spandau, Urteil v. 6.1.2004, 5 C 557/03)
Überwachungskamera im Eingangsbereich
Die Videoüberwachung von Mehrfamilienhäusern ist nur dann zulässig, wenn sämtliche Bewohner ihr Einverständnis gegeben haben, so entschied das Amtsgericht (AG) Schöneberg. Sollte nur ein Mieter nicht zustimmen, ist es dem Vermieter untersagt, eine Kamera installieren zu lassen. Dies gilt auch für Systeme, die bislang noch nicht in Betrieb genommen wurden. Die Mieter könnten sich durch die Kamera in ihrem privaten Bereich nicht mehr ungestört und unbeobachtet fühlen. Selbst eine nicht aktivierte Kamera könnte als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angesehen werden. Mieter haben die Möglichkeit, die Videoüberwachung durch den Vermieter mittels einer einstweiligen Verfügung zu untersagen, entschied das Gericht.
(AG Schöneberg, Urteil v. 8.6.2012, 19 C 166/12).
Das Landgericht (LG) Berlin bestätigte ebenfalls, dass die pauschale Videoüberwachung des Eingangsbereichs eines Mietshauses eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Mieter darstellt. Die Kamera war installiert worden, um Sachbeschädigungen und Schmierereien an der Hauswand zu verhindern. Die Mieter konnten den Rückbau der Überwachungskameras im Eingangsbereich verlangen.
(LG Berlin, Urteil v. 31.10.2000, 65 S 279/00)
Was ist mit Attrappen von Überwachungskameras?
Auch die Anbringung einer Attrappe kann juristisch problematisch sein. Nach Auffassung des Amtsgerichts (AG) Berlin-Lichtenberg stellt bereits die damit verbundene Drohung, die Mieter im Eingangsbereich zu überwachen, eine Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit dar.
(AG Lichtenberg, Beschluss v. 24.1.2008, 10 C 156/07)
Videoüberwachung: Zustimmung aller Beteiligten erforderlich
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist es durchaus möglich, dass die Meinungen der verschiedenen Parteien auseinandergehen. Dies muss jedoch nicht zwangsläufig problematisch sein. Treten jedoch durch eine mehrheitliche Entscheidung erhebliche Einschränkungen oder Verletzungen von Rechten eines einzelnen Mitglieds auf, ist in solchen Fällen die Zustimmung aller Parteien erforderlich, wie das Landgericht (LG) München I feststellte.
In einem bestimmten Mehrfamilienhaus kam es wiederholt zu Regelverstößen bezüglich der Hausordnung. Unter anderem hielten sich unbefugte Personen im Eingangsbereich des Hauses auf. Über 90 Prozent der Eigentümer sprachen sich für die Installation einer Videoüberwachung aus: Es wurden fünf Kameras im Gebäude installiert und die Überwachung entsprechend mit Schildern angezeigt. Ein Anwohner klagte jedoch gegen diese Maßnahme und verlangte die Entfernung der Kameras. Das Gericht entschied zugunsten des Klägers.
Laut Auffassung des Gerichts ist es bereits ausreichend, wenn sich ein einzelner Bewohner gegen die Videoüberwachung ausspricht. Die angegebenen Verstöße rechtfertigten nicht das Handeln gegen den Willen eines Einzelnen. In diesem speziellen Fall wären regelmäßige Kontrollgänge eines Hausmeisters als angemesseneres und sanfteres Mittel anzusehen. Eine andere Beurteilung hätte möglicherweise gegolten, wenn die Überwachung darauf abzielt, Straftaten zu verhindern. In so einem Fall hätte die Mehrheit laut Auffassung des Gerichts über die Bedenken des Einzelnen hinweg entscheiden können.
(LG München I, Hinweisbeschluss v. 07.06.2022, 14 S 2185/22)
Videoüberwachung in der Tiefgarage einer WEG
Die Überwachung der Tiefgarage einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) kann zu einem Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Eigentümer führen. Selbst wenn in der Vergangenheit Diebstähle, Autoaufbrüche oder Sachbeschädigungen festgestellt wurden, sind die Wohnungseigentümer nicht befugt, die Videoüberwachung mehrheitlich zu beschließen. Dies hat auch das Landgericht München I so entschieden. Mehrere Miteigentümer hatten gegen diesen Beschluss gekämpft und erhielten Recht. Hier war die Einstimmigkeit erforderlich.
Die Installation von Kameras zur Überwachung sowie die Videoaufzeichnung stellen einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Anfechtungskläger dar. Diese Beeinträchtigung wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Aufnahmen lediglich nach einem Schadensfall eingesehen werden können. Der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts stellt den Vorrang dar und ist wichtiger als der Eigentumsschutz der anderen Eigentümer. Um potenzielle Täter abzuschrecken, genügt es in diesem Fall, Hinweisschilder, die auf eine Videoüberwachung hinweisen, sowie Kameraattrappen anzubringen.
(LG München I, Beschluss v. 11.11.2011, 1 S 12752/11 WEG)
Kameraüberwachung im Treppenhaus
Die Installation einer Kamera zur Videoüberwachung im Innenbereich des Hauseingangs, insbesondere im Erdgeschoss-Treppenhaus eines Mietobjekts, stellt - unabhängig davon, ob die Aufnahmen gespeichert werden oder nicht - einen bedeutsamen Eingriff in die Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrechte des Mieters dar. Zudem betrifft sie auch das Besitzrecht an der von ihm angemieteten Wohnung. Diese Auffassung wurde in einem Urteil des Amtsgerichts (AG) München bestätigt.
(AG München, Urteil v. 16.10.2009, 423 C 34037/08)
Videoüberwachung: Kamera im Aufzug
In einem Fall, der vor dem Landgericht (LG) Berlin verhandelt wurde, ließ der Vermieter Überwachungskameras im Treppenhaus sowie im Aufzug montieren, nachdem es unter anderem zu Vandalismus gekommen war. Nach der Installation einer neuen Schließanlage klagte ein Mieter auf die Entfernung der Videokameras und erhielt Recht: Die Überwachung würde eine Einschränkung seiner Persönlichkeitsrechte darstellen, so das Urteil der Richter.
(LG Berlin, Urteil v. 23.5.2005, 62 S 37/05)
Eine vergleichbare Sichtweise vertrat das Kammergericht (KG) Berlin in einem weiteren Fall: Hier ging es um eine Überwachungskamera, die im Aufzug eines Mehrfamilienhauses angebracht werden sollte, weil im Lift Schmierereien festgestellt worden waren. Trotz der Vorfälle von Vandalismus erhielt der Eigentümer nicht das Recht, eine Kamera zu installieren. Der Mieter sei nicht verpflichtet, einer derartigen Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitsrechte zuzustimmen, entschieden die Richter.
(KG Berlin, Urteil v. 4.8.2008, 8 U 83/08)
Gemeinschaftswaschküche mit Videoüberwachung
Ein Eigentümer ist gemäß der Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln berechtigt, ein Interesse daran zu bekunden, herauszufinden, wer für die Schäden an einer Waschmaschine in der Gemeinschaftswaschküche verantwortlich ist. Generell kann das Interesse, eine bereits begangene Straftat oder Rechtsverletzung aufzuklären, im Einzelfall den mit einer versteckten Videoüberwachung zusammenhängenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte rechtfertigen.
Entscheidend ist, dass es sich um eine erhebliche Straftat handelt, deren Schwere in etwa der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des betroffenen Individuums entspricht - und dass die Videoüberwachung in der Lage ist, ausreichend verlässliche Rückschlüsse auf die Verursacher bereits begangener Straftaten und Rechtsverletzungen zu ermöglichen. In dem vorliegendem Fall wurde die permanente und heimliche Videoüberwachung der Gemeinschaftswaschküche trotz vorheriger Schäden an der Waschmaschine als unzulässig erachtet.
(OLG Köln, Urteil v. 5.7.2005, 24 U 12/05)
Kamera in Klingelschild und Gegensprechanlage
Ein Fall vor dem Kammergericht (KG) Berlin beschäftigte sich mit einer Kleinstkamera, die zur Überwachung im Klingeltableau einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) installiert wurde. Dabei stellte das Gericht fest, dass dies unzulässig ist, wenn die aufgenommenen Bilder ohne technische Einschränkungen in das interne Fernsehsystem eingespeist werden können. Dies ermöglicht den anderen Eigentümern und Mietern einen privaten Zugriff auf die Bilder, wodurch sie die Daten auswerten könnten. Eine solche permanente Überwachung führt zu einem Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht.
(KG Berlin, Beschluss v. 26.6.2002, 24 W 309/01)
Anders sieht es laut dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) aus: Eine Videoüberwachung im Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Demnach ist es erlaubt, wenn Miteigentümer, Mieter oder Besucher ausschließlich in den Wohnungen identifiziert werden können, die mit der Videoüberwachungsanlage verbunden sind und deren Klingel aktiviert wurde.
(BayObLG, Beschluss v. 21.10.2004, 2 ZBR 124/04)
Eine Videoüberwachung im Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage ohne technische Beschränkung ist laut dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) zulässig, wenn Miteigentümer, Mieter oder Besucher nur in den Wohnungen identifiziert werden können, die an die Videoüberwachungsanlage angeschlossen sind und deren Klingel betätigt wurde.
(BayObLG, Beschluss v. 21.10.2004, 2 ZBR 124/04)